China- ein Land auf der ewigen Suche nach der „erhabenen Harmonie“
China – das ist : Yin und Yang - Jung und Alt - Frau und Mann Barrierefreiheit und Verbotene Stadt.
Das Rollstuhltanzpaar Andrea Naumann und Jean-Marc Clément vertrat in Peking bei dem Sixth HKWDSA Asian Cup in Beijing vom 21-22.032009 Deutschland. Dort tanzten sie sich zwar in die Herzen der Asiaten, verpassten aber dennoch knapp das Finale….. und landeten somit in Latein auf einem guten achten und in Standard auf dem siebten Platz.
Gemeinsam mit ihrem Team, bestehend aus dem Nationaltrainer Michael Webel, Reha-Techniker Manfred Haak (selber Rollifahrer)und seine Ehefrau Elsbeth als Therapeutin, verlängerten sie den Peking-Aufenthalt noch um drei Urlaubstage um ein Sightseeing mit komplettem Touri-Programm abzusolvieren. Dafür mieteten sie ein Dodge, nebst Fahrer, sowie einen deutsch sprechenden Guide…
(Ja geht’s denn noch…?)
Beginnend beim „Platz des Himmlischen Friedens“ rollten unsere beiden Rollis noch ganz entspannt…… Die zu erwartende Muskelbeanspruchung der „Purpurnen Verbotenen Stadt“ ließ sich beim Eintritt durch das Stadttor auch noch nicht erahnen…
Sollte dir damaligen Städteplaner auf einer Skala von 1 bis 10, in Erwägung gezogen haben, diesen Ort behindertenfreundlich zu gestalten, so lag die günstigste Prognose dafür doch wohl eher im Minusbereich……
Aber: Was ein echter Rolli ist, der lässt sich doch nicht von solchen Unwesentlichkeiten abhalten.
Getreu dem alten chinesischen Sprichwort: „wih daa stand? Hhau weg!“ rollten, schubsten und zwängten sich die Beiden durch die unwegsame Stadt, mitsamt den hinderlichen Touristen... Doch auf einmal blitzten ihre Augen in freudiger Erwartung auf.
Das war genau in dem Moment, als sie eine vermeintliche „Teststrecken-Rampe“ einer Rollstuhlfirma entdeckten.
Bei näherer Inaugenscheinnahme entpuppte es sich dann allerdings „nur“ als das größte Steinrelief des Kaiserpalastes namens: „neun Drachen in den Wolken“
Neun ist überhaupt DIE bedeutendste Zahl Chinas.
Als höchste, alleinstehende Ziffer wird deshalb gern auch mal mit sich selbst multipliziert. Wen wundert’s da, dass das Ergebnis in der Quersumme wiederum die „Neun“ ergibt.
Wir Europäer sind der Meinung, dass in Chinas Parkanlagen nur Tai Chi und Qi Gong trainiert wird…
So war es für uns NEUN (mittlerweile gesellte sich zu unserer Gruppe noch das dreiköpfige ZDF-Fernseh-Team) ein Novum, dass die Chinesen am frühen Morgen zu Tango-, Walzer - und traditionellen chinesischen Klängen tanzen. Ja, „Mogens um sieben ist die Welt noch in Ordnung“ Noch nie lag ein Filmtitel näher an der Wahrheit. Nachdem alle Probleme -bürokratischer Art- beseitigt waren, mischte sich unser Tanzpaar, mitsamt dem Fernsehteam- völlig unauffällig- unter die tanzenden Chinesen… Von „asiatischer Zurückhaltung“ keine Spur! Davon hatten diese Menschen offensichtlich noch nichts gehört…
Nachdem sie, wie neugierige Kinder, unser Tanzpaar bestaunt hatten, wurden auch wir Nichttänzer von ihnen zum Tanz aufgefordert. Ja, das war morgendliche Lebensfreude PUR und kam der „mittleren Harmonie“ doch schon sehr nahe…
Lebensfluss und Harmonie…das findet sich selbst im Straßenverkehr wieder.
Fahrbahnverengungen von vier auf eine Spur…? Kein Problem! Kein Stau! Keine Aggression! Für uns ? Ein Wunder!!!
Um in der Rushhour das Straßenbild zu komplettieren, fügen sich Millionen von chinesischen Familien auf ihren Fahrrädern hinzu.
Noch ein Wunder!!! Die Kinder sitzen diszipliniert auf dem Gepäckträger…! Ohne DI-Norm-Geprüften Hartschalensitz…! Alle ohne Helm…! Und - wie die Bevölkerungsdichte zeigt… man kann so überleben… Das war uns neu!!!
Nun, wir wollen nicht so tun, als wäre ein China-Urlaub im Rollstuhl ein Kinderspiel… Denn wo selbst die Mongolen kapitulierten, befinden sich unsere „Rolli-Rocker“ in historischer Gesellschaft, und das bedarf auch keiner Schönrederei.
Um die Mauer zu erreichen, muss man erst mal ins Kabinenlift gekommen sein…
Aber dann:
Die welt(raumgeprüfte) „chinesische Mauer“
Da straft das Sprichwort Lügen „Wo ein Wille, da ein Weg“ Wir haben wirklich sämtliche Hindernisse, sei es das ca. 10 Jahre alte „Hardrock-Cafe“ mit 20 Stufen, das ca.300 Jahre alte Tee-Haus mit 40 Stufen, den unüberwindlichen Sommerpalast mit dem legendären Marmorschiff und, wie oben schon erwähnt, die „verbotene Stadt“ bezwungen…
Aber: an der fast 3000 Jahre alten Mauer, da wurden uneinnehmbare Grenzen gesetzt.
Selbst „Fußgänger“ stöhnten bei ihrer Rückkehr über die geleistete Anstrengung!
Da war es doch wirklich nur logisch, dass wir nach all der Mühe uns zum Reise-Abschluss mit einer originalen „Peking-Ente“ belohnten…
Unser Guide, den wir zu diesem ehrenwerten Essen einluden, suchte für uns „Unwissenden“ nicht nur DAS Entenhaus, sondern auch die entsprechenden Beilagen aus und bereitete uns damit einen unvergesslichen, letzten Abend eines einmaligen und wundervollen Asien-Aufenthaltes… So war es vielleicht doch für unser Tänzerpaar ein klitzekleiner Trost, über die, wie die Beiden finden, nicht ganz so gute Platzierung. Aber: Nach dem Turnier ist ja bekanntlich vor dem Turnier… E.H.